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Zum Thema Verkehrsrecht
- Beeinträchtigt ist beeinträchtigt: Auch bei verschriebenen amphetaminhaltigen Arzneimitteln bleibt fehlende Fahreignung bestehen
- Beschleunigen, Bremsen, Schlingern: Zulässige Anordnung eines ärztlichen Gutachtens bei Diabetes mellitus Typ I nach Fahrauffälligkeiten
- Entzug der Fahrerlaubnis: Trunkenheitsfahrten auf E-Scootern haben empfindliche Folgen
- Erst Hund, dann Frauchen: Geldstrafe für Hundebesitzerin wegen Unfallflucht
- Lkw-Fuhrpark: Fahrzeughalter haben die Pflicht zur stichprobenartigen Kontrolle der Betriebsfahrzeuge
Ein Arzt verschreibt Medikamente, die seiner Fachauffassung nach für die adäquate Behandlung seiner Patienten geeignet sind. Das Verkehrsrecht regelt wiederum, unter welchem Einfluss welcher Substanzen das Führen eines Kraftfahrzeugs unzulässig ist. Zwischen beidem steht nicht etwa ein gültiges Verschreibungsrezept, sondern Aufklärung und Eigenverantwortung - so wie im folgenden Fall des Verwaltungsgerichts Koblenz (VG).
Bei einer Verkehrskontrolle stellten Polizeibeamte bei einem Fahrzeugführer drogentypische Ausfallerscheinungen fest. Die toxikologische Untersuchung ergab auch prompt eine Amphetaminkonzentration in dessen Blut. Daraufhin entzog ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis. Hiergegen wandte sich der Mann nun mit einem Eilantrag. Im gerichtlichen Verfahren legte er eine ärztliche Bescheinigung vor, wonach ihm das Medikament "Elvanse" verordnet wurde, das nachweislich einen Wirkstoff aus der Stoffgruppe der Amphetamine enthalte.
Das VG hat den Antrag des Mannes dennoch abgelehnt, die Entziehung der Fahrerlaubnis war rechtmäßig. Denn der Antragsteller hatte sich aufgrund der Einnahme von Amphetamin - einer harten Droge - als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. In der Regel genügt zum Ausschluss der Fahreignung schon die einmalige Einnahme von Amphetamin. Dass das im Blut des Antragstellers festgestellte Amphetamin von einem ärztlich verordneten Medikament stamme, ändert an dieser rechtlichen Bewertung nichts.
Hinweis: Nach der für die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln vorrangigen Sondervorschrift in der Fahrerlaubnis-Verordnung scheidet eine Fahreignung dann aus, wenn eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter dem erforderlichen Maß vorliegt. Die für die Fahreignung bei der Einnahme von Medizinal-Cannabis geltenden Anforderungen sind bei einer Dauerbehandlung mit amphetaminhaltigen Arzneimitteln angesichts der damit einhergehenden Gefahr des Kontrollverlusts und plötzlichen Leistungsabfalls noch enger zu fassen.
Quelle: VG Koblenz, Beschl. v. 19.05.2022 - 4 L 455/22.KO
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 08/2022)
Chronische Erkrankungen verursachen neben dem körperlichen Leiden auch Widrigkeiten im Alltag. Doch damit das eigene Leid nicht noch anderen schadet, muss das Gesetz so manches Mal schützend eingreifen. Wer zum Beispiel an Diabetes mellitus Typ I erkrankt ist, so dass es sich auf die Fahrweise auswirkt, muss damit rechnen, ein ärztliches Gutachten einer amtlichen Begutachtungsstelle vorzulegen, um die Fahreignung nachzuweisen. Das bestätigte im folgenden Fall der Verwaltungsgerichtshof München (VGH).
Ein Fahrzeugführer wurde von einer Polizeibeamtin dabei beobachtet, wie er mit seinem Fahrzeug immer wieder mit dem linken Reifen über die Mittellinie der Fahrspur einer Bundesstraße kam und ständig schlingerte. Zudem beschleunigte er aus nicht nachvollziehbaren Gründen von 80 auf 120 Stundenkilometer, um wieder dann auf 80 Stundenkilometer abzubremsen. Da der Fahrerlaubnisbehörde bekannt war, dass der Fahrzeugführer an Diabetes mellitus Typ I erkrankt war, ordnete sie an, dass er ein ärztliches Gutachten vorzulegen habe. Da er dies trotz mehrmaliger Erinnerung nicht getan hatte, entzog ihm die Behörde die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung. Dagegen erhob der Fahrzeugführer Klage und beantragte Eilrechtsschutz.
Der VGH bestätigte jedoch die Entscheidung der Behörde. Die ausführliche und glaubhafte Zeugenaussage einer Polizeibeamtin über die Fahrweise des Fahrzeugführers habe vor dem Hintergrund seiner dem Landratsamt aufgrund ärztlicher Bescheinigung bereits bekannten Erkrankung einen hinreichenden Anlass begründet, ein ärztliches Gutachten einer amtlichen Begutachtungsstelle von ihm zu fordern.
Hinweis: Gibt es berechtigte Bedenken, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens (z.B. ein Gutachten eines Arztes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle) anordnen, wenn die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers sprechen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf auf seine Nichteignung geschlossen werden.
Quelle: VGH München, Beschl. v. 08.02.2022 - 11 CS 21.3020
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 08/2022)
Mit der Einführung von E-Scootern war allen - sowohl Bürgern als auch Verkehrsrechtlern - klar, dass damit der altbekannte Kampf um die Vorherrschaft auf öffentlichen Straßen und Wegen einen Mitstreiter mehr gewinnen wird. Und so kam es, wie es kommen musste: Immer mehr Gerichte müssen über Verkehrsverstöße befinden, die von E-Scooterfahrern begangen wurden. Hier war das Amtsgericht München (AG) mit einer Trunkenheitsfahrt und deren Folgen betraut worden.
Im Herbst 2021 fuhr der Angeklagte gegen Mitternacht mit einem E-Scooter auf einer öffentlichen Straße. Dort wurde er von einer Polizeistreife kontrolliert. Aufgefallen war er der Streife insbesondere aufgrund seines rasanten Fahrstils. Die anschließende Blutuntersuchung ergab in der Tat eine Blutalkoholkonzentration von 1,52 ‰.
Das AG hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Zudem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Vor Ablauf von acht Monaten darf dem Angeklagten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden. Elektrokleinstfahrzeuge wie der E-Scooter sind Kraftfahrzeuge im Sinne von § 1 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz. Der Angeklagte war daher wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr schuldig zu sprechen. Bei der Strafzumessung sprach zugunsten des Angeklagten, dass er die Tat eingeräumt, sich wegen seines Alkoholkonsums in psychologische Beratung begeben und einen Abstinenznachweis vorgelegt hatte. Ebenso sprach der Umstand, dass er nicht mit einem Pkw, sondern einem wesentlich leichteren E-Scooter fuhr, für den Angeklagten.
Hinweis: Der Angeklagte hat sich durch sein Verhalten als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs erwiesen. Ihm musste daher die Fahrerlaubnis entzogen werden. Trunkenheit bei Fahrten mit einem E-Scooter wird also genauso bestraft wie Trunkenheitsfahrten mit einem Fahrrad oder Pkw.
Quelle: AG München, Urt. v. 15.03.2022 - 923 Ds 419 Js 186440/21
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 08/2022)
Der Spruch "Das letzte Kind trägt Fell" legt nahe, wie hoch der Stellenwert von Hund und Katze hierzulande hängt. Dennoch seien alle Tierliebhaber gewarnt, das fellige Familienmitglied wichtiger einzustufen als ein Unfallopfer, dessen Leid auf eben jenen Vierbeiner zurückzuführen ist. Wer dennoch nicht aus seiner Haut kann, muss mit Konsequenzen rechnen - wie die Hundehalterin vor dem Amtsgericht München (AG).
Ein unangeleinter Hund verursachte den Sturz einer Radfahrerin. Weil die Hundehalterin sich vom Unfallort wegbewegte, ohne sich um die verletzte Radfahrerin zu kümmern und ohne ihre Personalien zu hinterlassen, verurteilte sie das AG folglich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu jeweils 60 EUR.
Die Angeklagte räumte ihr Fehlverhalten in der Hauptverhandlung vor dem AG ein und erklärte, dass es ihr leid tue, dass der Unfall passiert sei. Ihre Reaktion begründete sie damit, dass sie ihren Hund habe suchen müssen. Dieser sei so panisch gewesen, dass sie Angst gehabt habe, er laufe auf die Straße. Zugunsten der Angeklagten sprach, dass sie die Tatumstände letztlich eingeräumt hatte und bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war. Zudem habe sie ihr Bedauern über die Tatfolgen nicht nur für ihren eigenen Hund, sondern auch für die Geschädigte deutlich zum Ausdruck gebracht - insbesondere mit dem abgegebenen Schuldanerkenntnis über ein Schmerzensgeld von 800 EUR zugunsten der Radfahrerin. Zugunsten der Angeklagten sprach zudem, dass sie sich spontan wegen der Suche nach ihrem abgängigen Hund vom Unfallort entfernt hatte. Wenn dies auch angesichts der erheblichen Verletzungen der zunächst reglos am Boden liegenden, von weiteren Helfern versorgten Geschädigten die Tat nicht rechtfertigt, setze es deren Vorwerfbarkeit doch erheblich herab. Es wäre der Angeklagten durch kurze Angabe ihrer Personalien freilich nicht unmöglich gewesen, wie später geschehen, ihren Hund wiederzufinden.
Hinweis: Das Urteil zeigt, dass man auch als Fußgänger wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt werden kann. Unfallbeteiligter im Sinne des Gesetzes ist jeder, der bei einem Unfall beteiligt ist und hierfür zumindest (mit-)ursächlich geworden ist.
Quelle: AG München, Urt. v. 11.04.2022 - 941 Cs 442 Js 190826/21
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 08/2022)
Wenn der betriebseigene Fuhrpark, dessen Wartung auf eine Fremdfirma ausgelagert wurde, rund 300 Fahrzeuge umfasst, die zum Teil von den Lkw-Fahrern mit nach Hause genommen werden, woraufhin sie die Anweisung erhalten haben, sich regelmäßig vor Fahrtantritt vom ordnungsgemäßen Zustand der Fahrzeuge zu vergewissern - dann sollte man als Chef doch eigentlich fein raus sein, oder? Mitnichten, meint das Amtsgericht Landstuhl (AG), das über die Schuldfrage bei einer motorisierten Rostlaube zu befinden hatte.
Bei einer Lkw-Kontrolle auf einem Parkplatz einer Autobahn wurde an einem Lkw mit Auflieger Flugrost an den Felgen des Sattelanhängers festgestellt. Der Lkw war Teil eines ca. 300 Fahrzeuge umfassenden Fuhrparks einer Firma. Dem Geschäftsführer wurde nunmehr vorgeworfen, die Inbetriebnahme eines Lkw zugelassen zu haben, obwohl die Verkehrssicherheit durch den Verstoß gegen eine Vorschrift über Bremsen wesentlich beeinträchtigt war. Der Geschäftsführer wehrte sich gegen den Vorwurf damit, dass der gesamte Fuhrpark von einer externen Firma gewartet werde. Zudem habe er seine Angestellten angewiesen, vor dem Fahrtantritt die Fahrzeuge zu kontrollieren. Eine eigene Kontrolle sei ihm teilweise nicht möglich, da Fahrzeuge öfters von Mitarbeitern mit nach Hause genommen werden.
Das AG verurteilte den Geschäftsführer dennoch zu einer Geldbuße von 270 EUR. Zu dessen Überwachungspflicht gehöre es, sich durch gelegentliche, auch überraschende Stichproben davon zu überzeugen, dass Weisungen auch beachtet werden. Eine stichprobenartige Kontrolle sei auch dann zumutbar, wenn die Mitarbeiter des Betroffenen die Betriebsfahrzeuge häufig wegen des frühen Dienstantritts mit nach Hause nähmen und ihre Fahrten nicht vom Betriebsgelände aus antreten. Der Geschäftsführer muss dann eben den Fahrzeugzustand stichprobenartig bei der Anfahrt zum Betriebsgelände, bei der Abfahrt zu einem Auftrag oder am Abstellort des Fahrzeugs überprüfen. Dieser Pflicht sei der Mann nicht nachgekommen.
Hinweis: Zur Überwachungspflicht gehört es, sich durch gelegentliche, auch überraschende Stichproben davon zu überzeugen, dass Weisungen auch beachtet werden. Der Betroffene ist verpflichtet, den Fahrzeugzustand gegebenenfalls stichprobenartig bei der Anfahrt zum Betriebsgelände oder bei der Abfahrt zu einem Auftrag oder eben am Abstellort des Fahrzeugs überprüfen.
Quelle: AG Landstuhl, Urt. v. 15.03.2022 - 2 OWi 4211 Js 1018/22
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 08/2022)